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Bericht 

Internationales Forum Moldova: Geschichte, Kultur, Zivilgesellschaft

Chișinău, 14.–17. Oktober 2024 

Als 1991 die UdSSR in ihre sich verselbständigenden Teilrepubliken zerfiel, wurde aus der bisherigen Moldawischen SSR die unabhängige Republik Moldau/Moldova. Die Existenz dieses kleinen Staates belastete von Anfang an die ungelöste Transnistrien-Frage, ein nach einem kurzen Bürgerkrieg bis heute eingefrorener Konflikt der Regierung in der Hauptstadt Chișinău mit dem international nicht anerkannten Separatistengebiet um Tiraspol, östlich des Flusses Nistru/Dnjestr. Aktuell verschärft die geopolitische Positionierung der Republik Moldau zwischen dem EU- und NATO-Mitgliedsland Rumänien und der vom russischen Angriffskrieg bedrängten Ukraine die sicherheitspolitische Situation, die sich konkret durch propagandistische Einflussnahmen von Seiten Russlands spürbar macht. Die Europäische Union hat im Juni 2022 der Republik Moldau eine Beitrittsperspektive eröffnet. 

Statue von Stefan dem Großen im Zentrum von Chişinău
© Tobias Weger/IKGS

Für viele Menschen in Zentraleuropa ist die Republik Moldau nach wie vor ein weißer Fleck auf der Landkarte. Um einen Beitrag zur Aufklärung zu leisten, veranstalteten das Institut für deutsche Kultur und Geschichte (IKGS) an der Ludwig-Maximilians-Universität München, das Auslandsbüro Republik Moldau der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Chișinău, die Staatliche Universität Moldova (USM), die Staatliche Pädagogische Universität „Ion Creangă“ (UPS), das Bundesinstitut für Kultur und Geschichte des östlichen Europa (BKGE) in Oldenburg, das Institut für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM) in Wien sowie das Europäische Netzwerk Erinnerung und Solidarität (ENRS) in Warschau vom 14. bis 17. Oktober 2024 in Chișinău das „Internationale Forum Moldova“. 

Abendforum „Die Republik Moldau in Europa“ 

Den Auftakt machte am Abend des 14. Oktober eine von Brigitte Triebel, Leiterin des KAS-Auslandsbüros, im Glia Impact-Hub der Akademie für ökonomische Studien moderierte Podiumsdiskussion zum Thema „Die Republik Moldau in Europa“ zwischen dem Präsidenten des moldauischen Parlaments, Igor Grosu, und dem österreichischen Spitzendiplomaten und Direktor der diplomatischen Akademie in Wien, Emil Brix. Der ausgebildete Historiker Grosu, der dem politischen Mitte-Rechts-Lager der EU-freundlichen Staatspräsidentin Maia Sandu angehört, unterstrich die Bedeutung einer EU-Anbindung seines Landes angesichts äußerer und innerer Bedrohungen, nicht zuletzt auch aufgrund von russischen medialen und finanziellen Einflussnahmen. Dem pflichtete auch Emil Brix, ebenfalls Historiker, bei. Er verwies darauf, dass es in vielen historischen Entwicklungen für bestimmte Prozesse und Entscheidungen nur ein begrenztes Zeitfenster gebe, das es zu nutzen gelte – und eine solche Chance biete sich aktuell für Moldova. 

Florian Kührer-Wielach, Stella Avallone, Igor Grosu, Brigitta Triebel, Emil Brix
© Tobias Weger/IKGS

Wissenschaftliche Tagung „Moldova: Europäische Perspektiven – Geschichte, Gegenwart und Zukunft“ 

Am 15. Oktober bot die Staatliche Universität die Agora für die Wissenschaftliche Konferenz „Moldova: Europäische Perspektiven – Geschichte, Gegenwart und Zukunft“. Unter der Leitung von Dietmar Müller (Universität Leipzig) widmete sich das erste Panel, das aus zwei Impulsvorträgen mit jeweils ausführlichem Kommentar dazu bestand, europäischen Dimensionen der moldauischen Geschichte. Der Rechtshistoriker Victor Juc (USM Chișinău) erwähnte die bereits von Persönlichkeiten der Frühen Neuzeit erkannte, ungünstige geopolitische Lage der Moldau, aus der sich der Zwang ableite, sich zwischen Westen und Osten zu positionieren. Für die Republik Moldau beinhalte die europäische Integration nicht nur die Mitgliedschaft des Staates, sondern eine Perspektive für die Bevölkerung des Landes, die Hoffnung auf Selbständigkeit, Sicherheit, Marktwirtschaft und einen Kanon von Rechten und Freiheiten. Erforderlich sei jedoch neben dem Beitrittswillen des Landes auch eine Offenheit der europäischen Institutionen. Der Annäherungsprozess habe sich durch die schwierige politische Situation der letzten Jahrzehnte ohnehin bereits verzögert, woraus sich die Frage ableiten ließe, wann sich für das Land die nächste Gelegenheit biete, sollte die jetzige verpasst werden. 

Auf einer allgemeineren Ebene hob Michael Gehler (Universität Hildesheim) in seinem Kommentar auf strukturelle Grundprobleme der EU ab. Die ehrgeizigen Ziele der Lissabon-Strategie seien bereits 2005 als nicht realisierbar erkannt worden; heute entwickle sich Europa nicht länger zu einer Großmacht, sondern kämpfe um sein Überleben. Die Aufnahme neuer Mitglieder habe die innere Heterogenität offengelegt und verstärkt. Am gravierendsten sei jedoch das Fehlen einer gemeinsamen Vorstellung von der Finalität des Integrationsprozesses. Die verschiedenen „Zeitenwenden“ der letzten 15 Jahre hätten keine angemessene Reaktion der EU bewirkt; es stelle sich die Frage nach der weiteren Finanzierbarkeit der EU und nach der Entwicklung gemeinsamer Strategien. Das Beispiel Rumänien zeige auf, dass zwischen dem Staat und der EU hinsichtlich der Erwartungen eine Diskrepanz bestehe. Abschließend warf Gehler die Frage auf, wie lange ein Land im EU-Wartestand verharren könne. Sein nüchternes Fazit: Demokratie müsse von innen wachsen, und es sei unabdingbar, ein realistisches Bild von der EU zu vermitteln. 

Svetlana Suveica (Universität Regensburg) verwies im zweiten Impulsvortrag des Panels auf Erfahrungen der Gewaltgeschichte im 20. Jahrhundert als eine der Konstanten moldauischer Identität. Sie resultiere aus der Grenzsituation Bessarabiens zwischen Imperien und Nationalstaaten und den spezifischen Ereignissen während der beiden Weltkriege, der Zwischenkriegszeit und der sowjetischen Phase des Landes. Nach dem Ersten Weltkrieg sei von der Bevölkerung im Angesicht des sich ausbreitenden Bolschewismus der Anschluss Bessarabiens an Rumänien als „vernünftig“ empfunden worden. Ab 1940 sei die Region zu einem Spielball Stalins in seiner Strategie gegen den Westen geworden, verbunden mit Zwangsmigrationen und neuen Repressionen. Die Rückgliederung an Rumänien 1941 sei unter anderen Bedingungen als 1918 erfolgt und in extreme Gewalt, etwa gegen Juden und Roma, eskaliert, eine Phase, in der auch Hunger und Not als repressive Mittel eingesetzt worden seien. Die Erfahrungen von Gewalt, Zwangsmigrationen und Unfreiheit hätten in der langen Sicht die kollektive Wahrnehmung und Identität der moldauischen Bevölkerung geprägt – eine „komplexe Identität“ zwischen Trauma, Instabilität und dem Zwang, zwischen West und Ost eine Stellung einzunehmen. In seinem Kommentar griff Hans-Christian Maner (Universität Mainz) die Grundideen Suveicas noch einmal auf und erweiterte sie um vier Punkte: die Notwendigkeit, die Erfahrungen von Diktatur und Totalitarismus in einer komparatistischen Perspektive zu betrachten; die Revision der historiografisch häufig verklärten Zwischenkriegszeit als einer realen Phase von Krisen und Konflikten; die Einbeziehung von Gewalt, Leid und Schuld als Konstituenten der moldauischen Identität und die Betrachtung der modernen Nationsbildung als eine Entwicklung der „langen Dauer“. 

Mit dem spezifischen Aspekt der offiziellen Erinnerung an den Holocaust in der Republik Moldova eröffnete Diana Dumitru (Georgetown University, Washington DC) das zweite Panel, das sich unter der Leitung von Gerald Volkmer (BKGE) dem Thema Erinnerungskulturen zuwandte. Dumitru verwies in ihrem Impulsvortrag auf den Zusammenhang mit den Verbrechen des Stalinismus:  Ausgehend von der klassisch nationalistischen Dichotomie von „Wir“ und „die Anderen“ und damit einer selektiv wahrgenommenen Geschichte konstatierte sie eine lange vorherrschende Instrumentalisierung der Holocaust-Erinnerung, die sich auf einer allgemeinen Ebene bewegt und infolgedessen die konkreten regionalen Zusammenhänge weitgehend außen vor gelassen habe. Anhand von politischen Statements aus jüngerer Zeit wies Dumitru nach, dass in dieser Hinsicht seit etwa 2016 ein Wandel eingeläutet worden sei. In ihrem Kommentar warf Mariana Hausleitner (Berlin) die Frage auf, weshalb es nicht gelungen sei, die Erinnerungen an antisemitische Gewalt und an die sowjetischen Repressionen miteinander zu verknüpfen, habe es doch auf der realhistorischen Ebene zwischen beiden einen funktionalen Zusammenhang gegeben, indem etwa der Holocaust zeitgenössisch mit einem „Kampf gegen den Bolschewismus“ legitimiert worden seien. 

Der in Rumänien tätige Historiker Andrei Cușco (Geschichtsinstitut „A. D. Xenopol“, Rumänische Akademie, Iași) sprach in seinem Referat die widerstrebenden Tendenzen des „Moldovenismus“, also der Vorstellung einer autonomen Entwicklung der Republik Moldau, und des „Rumänismus“ als einer Tendenz hin zu einer Verbindung mit Rumänien an. Aufgrund dieser Dichotomie existiere kein Konsens bezüglich einer Strategie für „Vergangenheitsbewältigung“: Nach 1991 habe man zunächst mit dem Sturz von Denkmälern und der Umbenennung von Straßen eine radikale Abkehr von der sowjetischen Politik herbeiführen wollen. In der Folge sei es aber zu einem geschichtspolitischen Aushandlungsprozess gekommen. Die unterschiedlichen Vorstellungen in Chișinău und Tiraspol hätten bisher ohnehin die Entwicklung einer einheitlichen Identität verunmöglicht. Der Geschichtsdidaktiker Sergiu Musteață (UPS Chișinău) ergänzte diese Ausführungen in seinem Kommentar und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Lehren aus anderen Konfliktkontexten in Europa für die Entwicklung eines eigenständigen Curriculums für den Schulunterricht noch stärker als bisher nutzbar gemacht werden könne. 

Wissenschaftliche Tagung „Moldova: Europäische Perspektiven – Geschichte, Gegenwart und Zukunft“ 
© Florian Kührer-Wielach/IKGS

Diese Ausführungen leiteten zu einer Expertenrunde über, die unter der Leitung von Karoline Gil (Institut für Auslandsbeziehungen, Stuttgart) die Verbindung der in den beiden Panels aufgeworfenen Themen zu den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen im Spannungsfeld von Geschichte, Kultur und Zivilgesellschaft herstellen sollte. Der Soziologe Petru Negura (Staatliche Universität Moldova, Chișinău) hob auf rezente Demoskopien ab, die unterschiedliche Haltungen der Mehrheitsgesellschaft in Moldova und der EU-freundlichen Eliten zu den drängenden aktuellen Fragen wie dem Krieg im Nachbarland Ukraine erweisen. Der Politikwissenschaftler Florin Abraham (Institut für Totalitarismusforschung, Bukarest) sprach die Desinformationskampagnen Russlands in der Republik Moldau und ihre Auswirkungen auf kollektive Identitätsdiskurse an. Die Kulturwissenschaftlerin Jana Stöxen (Universität Regensburg) untersucht in ihrer Forschungsarbeit die aktuelle Arbeitsmigration aus der Republik Moldau ins europäische Ausland und die in diesem Zusammenhang entstehenden, trotz aller Fragilität resilienten und gut funktionierenden Netzwerke zwischen dem „hier“ und dem „dort“. Die Bedeutung und Funktion akademischer Netzwerke erläuterte der Leipziger Romanist Klaus Bochmann, der seit 2005 dem Moldova-Institut in Leipzig vorsteht, einer vereinsmäßig organisierten Institution, die sich auf Projektebene mit unterschiedlichen Forschungsfragen auseinandersetzt. 

Öffentliche Podiumsdiskussion „Moldovas Weg in die Europäische Union“ 

Im Medienzentrum der Staatlichen Universität wurden die bisher vorwiegend wissenschaftlichen Sichtweisen im Rahmen einer von der Journalistin und Schriftstellerin Paula Erizanu geleiteten Podiumsdiskussion, die sich an eine breitere Öffentlichkeit richtete, um journalistische und politische Wahrnehmungen erweitert. „Der Weg der Moldau in die Europäische Union“ – zu diesem Thema unterhielten sich Michael Martens, Südosteuropa-Korrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, der aus Brüssel zugeschaltete Europa-Abgeordnete Siegfried Mureșan, Alina Radu, Mitgründerin und Leiterin der investigativen Zeitung „Ziarul de Gardă“, die ehemalige Innenministerin und Leiterin des Zentrums für Strategische Kommunikation und Desinformationsbekämpfung Ana Revenco sowie der politische Analyst und ehemalige Diplomat Anatol Țăranu. Martens dämpfte in seinem Statement überzogene Hoffnungen auf einen raschen Beitritt der Republik Moldau zur Europäischen Union und brachte das Zwischenstadium eines Assoziierungsabkommens nach dem Muster der aktuellen Anbindung mehrerer Balkanstaaten ins Gespräch. Die einheimischen Diskutierenden verdeutlichten noch einmal anhand konkreter Beispiele die Gefahren der Desinformation, die einen normalen politischen Diskurs in der Gesellschaft zu unterminieren und damit auch deren Zuspruch zu einer westlichen Orientierung des Landes zu minimieren trachtete. 

Podiumsdiskussion „Moldovas Weg in die Europäische Union“ 
© Tobias Weger/IKGS

Vertiefende Workshops 

Hatten bislang alle Podiumsgespräche im Plenum stattgefunden, teilten sich die Teilnehmer/innen des IFM am 16. Oktober auf vier thematisch spezifizierte Workshop-Formate auf. Der erste, vom ENRS und dem Museum der Opfer von politischen Repressionen und Deportationen in Chișinău organisierte Workshop fand unter dem Motto „Narrative überbrücken“ im Geschichtsmuseum der Republik Moldau statt. Er richtete sich insbesondere an Lehrkräfte von Sekundarschulen und sollte die Möglichkeiten der Geschichtsvermittlung einschließlich der Gewalterfahrungen des 20. Jahrhunderts ausloten. 

Workshop „Bridging Narratives“ 
© Florian Kührer-Wielach/IKGS

Welche Rolle spielen Heimat- und Regionalmuseen für die Zivilgesellschaft? Dieser Frage ging der zweite, von Heinke Fabritius, Kulturreferentin für Siebenbürgen, den Karpatenraum, Bessarabien und die Dobrudscha am Siebenbürgischen Museum, Gundelsheim am Neckar, geleitete Workshop nach. Sie hatte Vertreter/innen unterschiedlicher lokaler Museumsinitiativen aus ganz Bessarabien (einschließlich des ukrainischen Budschaks), aus der benachbarten rumänischen Dobrudscha und aus Deutschland eingeladen. Es ergab sich, dass die Heimatmuseen in der Ukraine nicht nur Orte einer örtlichen Identitätsbildung und Geschichtsaufarbeitung sind, sondern auch Orte des gesellschaftlichen Diskurses in Zeiten der kriegerischen Bedrohung.  

Workshop Local and regional museums in Bessarabia
© Florian Kührer-Wielach/IKGS

Svetlana Suveica und Josef Sallanz (DAAD-Lektor an der UPS Chișinău) betreuten gemeinsam das ein Forschungsseminar zu „Moldova als Region und Republik“, in dessen Rahmen Nachwuchsforscher/innen aus unterschiedlichen Ländern ihre moldauspezifischen Projekte zu historischen und kulturwissenschaftlichen Fragen des 19./20. Jahrhunderts präsentierten und diskutierten. Der Erfahrungsaustausch diente nicht zuletzt auch der nachhaltigen Vernetzung des akademischen Nachwuchses. 

Young Experts Seminar „Moldova als Region und Republik“
© Florian Kührer-Wielach/IKGS

Sebastian Schäffer (IDM Wien) und Iris Rehklau (Seminars Simulations Consulting Europe) leiteten einen an Praktiker/innen der EU-Integration gerichteten Workshop, der anhand von Planspielen und der Diskussion unterschiedlicher Ablaufszenarien mögliche Wege der Republik Moldau hin zu einer Vollmitgliedschaft in der EU aufzeigen sollte.  

Workshop „Moldova and the EU“
© Florian Kührer-Wielach/IKGS

Auf einer abschließenden Plenarsitzung berichteten die Sprecher/innen der einzelnen Workshops von den Ergebnissen der jeweiligen Arbeit. 

Exkursion nach Gagausien 

Neben dem Transnistrien-Problem war während diverser Einheiten des IFM auch die Region Gagausien mehrfach zur Sprache gekommen. Die Teilnehmer/innen des Internationalen Forums Moldova konnten sich am 17. Oktober auf einer Busexkursion in die Autonome Territoriale Einheit Gagausien einige Einblicke in die Verhältnisse in diesem spezifischen Landesteil außerhalb der Hauptstadt verschaffen. Seit 1994 genießen die Gagausen, eine historisch turksprachige, aber christlich-orthodoxe Ethnie in einem Gebiet im Süden der Republik Moldau, einen Sonderstatus. Dort dominiert im Alltag die russische Sprache, gleichberechtigt anerkannt sind aber auch Gagausisch und Rumänisch. Im Verwaltungszentrum Comrat wurden die Exkursionsteilnehmer/innen in der regionalen Universität von Rektor Serghei Zaharia begrüßt, der auch die Selbstverwaltung Gagausiens erläuterte. Er selbst ist Deputierter in der gagausischen Volksversammlung. Gagausien besitzt nicht nur eine eigene Hochschule, sondern auch ein Nationalmuseum mit ethnografischen und historischen Exponaten der Gagausen.  

Vinuri de Comrat
© Tobias Weger/IKGS

Auf dem Programm standen ferner der Besuch einer Winzergenossenschaft (Vinuri de Comrat) und eines lokalen Museums: Nur wenige Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt liegt das Dorf Avdarma. Das Museum wurde 2011 auf Initiative dreier aus dem Dorf stammenden Brüder eingerichtet, die als Historiker und Unternehmer wirken. Das im Vergleich zum Nationalmuseum in Comrat zeitgemäß ausgestattete und professionell geführte Museum präsentiert ein facettenreiches Bild- und Quellenmaterial zu allen Phasen der lokalen Kultur und Geschichte seit dem 18.  Jahrhundert, zum Alltag der örtlichen Bevölkerung und zu deren unterschiedlichen Gewalterfahrungen. 

Michael Gehler, Ignat Cazmali
© Florian Kührer-Wielach/IKGS

Das Internationale Forum Moldova fand in der Woche vor dem Referendum über die Verankerung des EU-Beitrittswillens in der moldauischen Verfassung und der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen statt, wobei der Termin des IFM länger als jener für die beiden Plebiszite feststand. Der knappe Ausgang beider Abstimmungen ist bekannt – für den EU-Beitritt stimmten 50,4 Prozent; für die amtierende, EU-freundlich eingestellte Präsidentin Maia Sandu im ersten Wahlgang 42,5 Prozent, im zweiten Wahlgang 55,3 Prozent, jeweils bei geringer Wahlbeteiligung. Etwas von der Zerrissenheit des Landes und seiner Bevölkerung konnten die Teilnehmer/innen des IFM während ihres Aufenthaltes im Land erfahren. Umso wichtiger erscheint es, das in West- und Zentraleuropa nur wenig bekannte Land an der östlichen Peripherie der Europäischen Union noch stärker in den Fokus der öffentlichen und der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit zu rücken. 

Tobias Weger